30 bis 40, ein Jahrzehnt. Mitten im Leben. An dem sich noch einmal Wesentliches entscheiden wird. Immer noch stellt sich Frauen die Frage: Kind oder Karriere? Sesshaft werden oder frei sein, mit allen Konsequenzen? Fühlt sich Einsamkeit anders an, wenn sich Freunde schwerer finden und die alten Freunde aus Kindertagen nur noch Pünktchen am Horizont sind, weil sich Lebenswege zu weit voneinander entfernten?
Es gibt kein Glaskugellesen. Kein Wissen wie es sich anfühlt Mutter zu sein, ein bisschen alles oder nichts. Kann ich eine Nichtentscheidung bereuen, ohne zu wissen, was mir entgehen würde? Mutter sein, heißt für mich auch Eltern sein. Bisher fehlt dazu einer. Selten stehe ich so bewusst am Roulettetisch, der sich Leben nennt, wie in diesem Jahrzehnt. Noch bin ich weit entfernt von „Nichts geht mehr!“. Glück, das kann für mich vieles sein. Glück muss nicht „Mutterschaft“ heißen, aber es kann.
Thirtysomething – in den Jahren davor hat sich einiges getan und ich habe daraus viel gelernt. Ich kenne mich mehr, sehe im Spiegel mich und nicht nur meine Unsicherheiten. Habe manche Naivität abgelegt und manche Erfahrung gewonnen. Ich bin selbstständig, backe eigene Brötchen, die fantastisch schmecken. Gerade weil sie nicht immer perfekt geraten. Habe meine eigenen vier Wände, in denen ich die Königin meiner Welt bin. Habe meine Unabhängigkeit zu schätzen gelernt und werde zum ersten Mal auch für meine bereits gewonnene Erfahrung geschätzt. So leicht macht mir keiner mehr was vor und trotzdem habe ich nicht immer eine Lösung. Ich habe Fehler gemacht, aber viele bereue ich nicht.
Ich nasche ab und an an Früchten, die ich mir mittlerweile verdient habe. Sie schmecken süß, aber noch weiß ich nicht, ob ich verlässliche Ernte einfahren kann. Ich beginne eigenes Land zu kaufen und bestelle es, baue Handlungsspielräume aus, übernehme Verantwortung und suche mehr davon. Ich will wachsen, will mein Terrain abstecken – auf dass ich darauf am Lebensabend genüsslich campieren kann.
Die Liebe ist bisher nicht bei mir geblieben. Manchmal macht mich das traurig. Manchmal fühle ich mich befreit, bin dadurch mehr bei mir. Darf Entscheidungen nur für mich treffen. Auch wenn ich sie gerne immer mal wieder für und mit jemandem treffen würde. Ich habe gelernt mit der Einsamkeit umzugehen, ich kann Alleinsein. Ich genieße es, bei mir zu sein. Habe mich besser kennengelernt und bin souveräner darin für meine Seele und mein Herz zu sorgen. Es geht mir gut, gerade weil es mir ab und an schlecht geht. Schön, dass ich dennoch mehr Licht als Dunkelheit kenne. Ich fühle mich wohl und bin dennoch immer mal wieder unsicher.
Ich bin mutig. Das macht mich stark. Und doch habe ich Angst vor Veränderung. Vor dem Unvorhersehbaren, Unplanbaren. Vor dem Verlust, vor der Einsamkeit und vor dem Abschied. Und gleichzeitig stupst mich eine Unruhe immer dann an, wenn ich es mir vermeintlich gemütlich gemacht habe. Wissenshunger, nach dem was da noch alles zu entdecken ist. Freude darauf, Altbekanntes neu zu erfinden, Lust auf Ungewohntheit, Inspiration und visionäre Ideen. Push the boundaries und Spaß daran. Lebenselixier. In der Ambivalenz aus Angst und Freude entsteht die Spannung, die mich so neugierig auf das Leben macht. Die Neugierde gibt mir den Mut zu springen, die Stärke hält mich so lange zurück, bis ich zumindest weiß, dass ich mir bei einem Sprung nicht den Hals brechen werde. Vorerst.
Hallo, Thirtysomething. Wie schön, dass Du so unberechenbar bist. Ich bin interessiert Dich kennenzulernen. Zeig mal, was Du zu bieten hast. Ich bin mit vollem Einsatz dabei.
Zum Weiterlesen: Lebensjahrzehnte in der Zeit
Und als erster meiner Texte extern veröffentlicht *yeah baby*
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